vom 17.04.2012, 22:45 ARD
Unsere Experten sind gerngesehene Talk-Show-Gäste. Dort treffen naturgemäß unterschiedliche Auffassungen aufeinander. Für den Zuschauer ist es manchmal schwierig zu beurteilen, ob eine als "wissenschaftliche Tatsache" dargestellte Meinung tatsächlich von der Datenlage gedeckt wird. Wir haben uns deshalb entschlossen, diese nachzuliefern - damit Sie sich Ihre Meinung anhand der Fakten und frei von Polemik, Eitelkeiten und politischem Kalkül bilden können:
Prof. Lauterbach stritt in der Sendung ab, ein gewichtsreduzierendes Medikament empfohlen zu haben.
Der Appetitzügler Sibutramin wurde jedoch als Medikament zugelassen, nachdem es in der von Prof. Lauterbach zu verantwortenden Leitlinie zur Zulassung empfohlen wurde.
Hier das Original Dokument Seite 44.
Titelseite und Interessenkonflikt, Seite 1-3. Die Firma Knoll war damals der Hersteller von Sibutramin.
Sibutramin wurde daraufhin zugelassen. Es war ein 12 Jahre langer Kampf, der etliche Todesopfer gefordert hat, ...
...bis es endlich vom Markt genommen wurde.
Sie möchten sich das ganze 197 Seiten starke Werk ansehen: Adipositasleitlinie Expertenversion
Prof. Lauterbach selbst hat Dr. Frank diese Leitlinien 2009(!) gemailt, als er ihn um Quellen für seine Meinungen bat.
Herr Prof. Lauterbach behauptet, dass zum Zeitpunkt der Leitlinienerstellung, nicht bekannt war, dass es sich bei Sibutramin um "kein gutes" Medikament handelte.
Lesen sie dazu das Fazit des Arzneitelegramms (AT 9/98) aus dem gleichen Jahr:
„Unerwünschte Wirkungen und ungeklärte Risiken - z.B. Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz bei Sibutramin - können das medikamentöse Abspecken zur Tortur machen bzw. mehr Schaden als Nutzen anrichten. Behauptete positive Auswirkungen auf Laborwerte sind erst dann relevant, wenn sie sich im Langzeitversuch bestätigen und die Lebenserwartung günstig beeinflussen. Hierzu fehlen Daten. Wir raten von der Verwendung beider Mittel wegen der zum Teil beträchtlichen unerwünschten Folgen ab.“
Interessant auch der Anspruch der Leitlinie,
die Herr Prof. Lauterbach am Vorwort auf Seite 4 definiert und die Beurteilung derselben Leitlinie durch das Arzneitelegramm (AT 12/99):
"FAZIT: Für ärztliche Ermahnungen an gesunde Übergewichtige zum Abnehmen, jetzt auch in Form einer "Evidenz-basierten" Leitlinie, gibt es keine valide Datenbasis. Die derzeit beste Evidenz lässt keinen Nutzen im Sinne eines verringerten Mortalitätsrisikos durch Abnehmen erkennen. Es gibt vielmehr Hinweise, dass das Sterblichkeitsrisiko dieser Menschen durch Gewichtsreduktion sogar zunimmt. Das gesellschaftlich vorherrschende Schönheits- und Gesundheitsideal setzt übergewichtige Menschen einem starken psychosozialen Druck aus und diskriminiert sie. Bevor gesicherte Empfehlungen für gesunde Übergewichtige ausgesprochen werden können, sind die Ergebnisse randomisierter Interventionsstudien abzuwarten."