Faktencheck zu Maybrit Illner vom 09.06.2011:
Tödliche Keime, ratlose Ärzte, hilflose Politiker - EHEC-Angst ohne Ende?
Noroviren sind für einen Großteil der nicht bakteriell bedingten Gastroenteritiden bei Kindern (ca. 30 %) und bei Erwachsenen (bis zu 50 %) verantwortlich. Noroviren sind weltweit verbreitet.6 Der Mensch ist das einzige epidemiologisch relevante Erregerreservoir. Die Viren werden mit dem Stuhl und Erbrochenem erkrankter Personen ausgeschieden. Die infektiöse Dosis liegt bei weniger als 100 Viruspartikel.3 Dies ermöglicht eine sehr effektive Verbreitung der Viren durch direkte Kontakte von Mensch zu Mensch, durch Bildung virushaltiger Aerosole während des Erbrechens oder auch durch kontaminierte Gegenstände, Lebensmittel, ...
...Getränke und Oberflächen. Schätzungen aus den U.S.A. gehen davon aus, dass 21 bis 40%3,4 aller Noroviren-Ausbrüche durch Lebensmittel verursacht werden. Die Angaben variieren in Europa von 10 - 17%.2 Im Rahmen einer epidemiologischen Aufarbeitung von Ausbrüchen wurden Eis, Muscheln, grüne Salate, Obstsalat, Kartoffelsalat, Himbeeren, Eis, gekochter Schinken, Sandwiches, Melonen und Gebäck als Infektionsquelle identifiziert.3 Die Kontamination kann am Ursprungsort (z.B. Ernte), bei der Zubereitung (Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung) oder der Verteilung von Lebensmitteln erfolgen. Ausbrüche von Norovirus-Erkrankungen ereignen sich deshalb häufig in Gemeinschaftseinrichtungen, wurden aber auch auf Kreuzfahrtschiffen beobachtet. Bei lebensmittelbedingten Norovirus-Ausbrüchen konnte nachgewiesen werden, dass häufig eine erkrankte Person, welche Umgang mit dem entsprechenden Lebensmittel hatte, am Anfang der Infektionskette stand.1 Aber auch symptomlose Ausscheider können Lebensmittel kontaminieren.5
Da Noroviren durch kurzzeitiges Kochen bei einer Temperatur von über 90°C inaktiviert werden, ist vor allem durch Rohkost oder durch Lebensmittel, die nicht mehr erhitzt werden, eine Übertragung möglich.
LM-Chem Udo Pollmer und Dr. Manfred Stein
Literatur
(1) Lopman BA, Brown DW, Koopmans M.
Human caliciviruses in Europe. J Clin Virol 2002; 24: 137-160.
(2) Lopman BA, Adak GK, Reacher MH, Brown DW.
Two epidemiologic patterns of Norovirus outbreaks: surveillance in England and Wales, 1992–2000.
Emerg Infect Dis 2003; 9: 71–77.
(3) Künkel U, Schreier E.
Caliciviren, virale Auslöser akuter Gastroenteritiden.
Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2002; 45: 534–542.
(4) Glass RI, Noel J, Ando T, Fankhauser R, Belliot G, Mounts A, Parashar UD, Bresee JS, Monroe SS.
The epidemiologyof enteric caliciviruses from humans: a reassessment using new diagnostics.
J Infect Dis. 2000; 181 Suppl 2:S254-61.
(4) Mead PS, Slutsker L, Dietz V, McCaig LF, Bresee JS, Shapiro C, Griffin PM, Tauxe RV.
Food-related illness and death in the United States.
Emerg Infect Dis. 1999; 5:607-25.
(5) Yu JH, Kim NY, Lee EJ, Jeon IS.
Norovirus Infections in Asymptomatic Food Handlers in Elementary Schools without Norovirus Outbreaks in Some Regions of Incheon, Korea.
J Korean Med Sci. 2011 Jun;26(6):734-9.
(6) Rockx B, De Wit M, Vennema H, Vinje J, De Bruin E, Van Duynhoven Y, Koopmans M.
Natural history of human calicivirus infection: a prospective cohort study.
Clin Infect Dis 2002; 35: 246-53.
Für den eiligen Leser:
BfR: Fragen und Antworten zu Noroviren; FAQ vom 6. Februar 2007
Bundesamt für Gesundheit der Schweiz:
Noroviren-Broschüre "Biologische Merkmale, Epidemiologie, Klinik, Prävention und Empfehlungen zum Ausbruchs-Management; Stand: Dezember 2005 vom 21.02.2006