Diäten machen dicker!
Ob im Januar Schnee fällt ist, ist nie sicher. Aber der „Schnee von gestern“ fällt so sicher wie das Amen in der Kirche: Alle Jahre wieder preisen deutsche Medien die neuesten Neujahrsdiäten an. „Einfach schlank“, so lautet der Köderclaim 2015, um abnehmwillige Bürger zum Kauf der Diät-Spezialausgaben zu verleiten. „Inzwischen ist unbestreitbar, dass Diäten nicht schlank machen, sondern langfristig dicker“, erklärt Ökotrophologe Uwe Knop, „daher kann man nur einen Rat erteilen: Halten Sie sich fern von Abspeckkuren!“ Dabei spielt es keine Rolle, ob Punkte, Pillen oder Pulver, ob Low- oder HighCarb oder welche Fantasien findige Diätanbieter auch immer als das „Non-Plus-Ultra“ positionieren. „Alle Diäten wirken gleich – der anfängliche Gewichtsverlust beruht meist auf der Ausscheidung von Wasser, anschließend setzt der Abbau der Muskel- und Knochenmasse ein. Fett greift der Körper...
...in der Regel als allerletztes an, weil es der Wärmeisolation dient und damit dem Körper hilft, in Hungerphasen Kalorien zu sparen“, erklärt Udo Pollmer, wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E. e.V.), „und nach der Gewichtsreduktion holt er sich seine verlorenen Kilos zurück – und zwar mit Sicherheitszuschlag, um gegen künftige Hungersnöte gewappnet zu sein: Die Diätler werden dabei nicht nur dicker, sondern vor allem fetter als vorher, denn die Muskelmasse kommt nicht zurück, sie wird durch Fett ersetzt.“
Die Diätindustrie ist der einzige Wirtschaftszweig, der weltweit Milliarden damit verdient, dass seine Produkte nicht wirken. „Es gibt keine Diät, die nachweislich langfristig schlank macht“, resümiert Pollmer. Denn ob jemand dick oder dünn ist bestimmen maßgeblich die Gene: „Man kann aus einer deutschen Dogge keinen dünnen Windhund machen – übrigens auch nicht einen Windhund auf Bernhardiner mästen“, so Knop. Für Gewichtsveränderungen sind vor allem verantwortlich: hormonelle Umstellungen wie die Wechseljahre, Schilddrüsenstörungen, massiver Stress (führt zu hohen Cortisolspiegeln, die dick machen und das metabolische Syndrom verursachen), Medikamente (Betablocker, Antidepressiva) oder Mikroorganismen (z.B. Adenovirus 36) [4]. „In dieser komplexen Gemengelage ist eines sicher: Diäten können nicht zum Erfolg führen. Zielführender wäre es, wenn sich die Fachwelt der Biologie der Gewichtsregulation zuwenden würde, statt auf´s Essen zu starren. Dann allerdings ist es auch vorbei mit dem schnellen Euro durch Diät-Unfug“, so das Fazit von Knop und Pollmer.
Drei aktuelle 2014er-Studien in den renommierten internationalen Medizinjournals JAMA, CIRCULATION und THE LANCET bestätigen die vergleichbare Nutzlosigkeit verschiedener Abspeckkuren auf´s Neue: Alle Diäten sind gleich unwirksam, denn die Kilos kommen wieder [1, 2] – dabei ist es auch egal, ob schnell oder langsam abgespeckt wird, JoJo lässt grüßen [3].
HINWEIS -> Detaillierte Infos zu Täuschungsmanövern in Diät-Studien finden Sie im Ernährungsunsinn „LowCarb-Diät ist besser als LowFat“
Quellen
[1] Johnston et al.: Comparison of Weight Loss Among Named Diet Programs in Overweight and Obese Adults; A Meta-analysis; JAMA 2014; 312: 923-933
[2] Atallah R et al.: Long-Term Effects of 4 Popular Diets on Weight Loss and Cardiovascular Risk Factors. A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. Circulation, Cardiovascular Quality and Outcomes 2014; 7: 815-827
[3] Purcell et al.: The effect of rate of weight loss on long-term weight management: a randomised controlled trial; The Lancet Diabetes & Endocrinology 2014; 2: 954-962
[4] Pollmer U: Esst endlich normal! Das Anti-Diät-Buch. Piper, München 2005
20. Januar 2015